Ein Mühlstein an Bablers Hals

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Für SPÖ-Chef Andreas Babler ist es bloß „moralisches Fehlverhalten“, seine „Parteifreunde“ orten Handlungsbedarf: Lindner (OÖ) sieht eine „schwere Hypothek“ (OÖN, 11.1.2024), Dornauer (Tirol) empfiehlt „freundschaftlich“ einen Rückzug und Doskozil (Burgenland) fordert einen Ausschluss. Die Rede ist von Alfred Gusenbauer (SPÖ-Chef 2000-2008, Kanzler 2006 bis 2008), der mit der Signa-Pleite zum Mühlstein der SPÖ geworden ist.

Aber nicht erst mit Signa sind die Aktivitäten des „einfachen Parteimitglieds“ Gusenbauer eine Verhöhnung klassischer Werte der SPÖ. Etwa mit seiner Rolle als „Türöffner“ für dubiose Geschäfte mit dem kasachischen Autokraten Nursultan Nasarbajew.

Nach seiner Ablöse als Kanzler und SPÖ-Chef war Gusenbauer vorübergehend wieder bei der niederösterreichischen Arbeiterkammer beschäftigt. Er nützte diese Zeit (und damit AK-Ressourcen) um seine Beratungsfirma zu gründen – und dockte umgehend bei Signa an.

Im Zuge des Einsturzes des über tausend Gesellschaften umfassenden Signa-Imperiums – in dem „sich bis zuletzt nicht einmal klären ließ, ob Benko selbst noch etwas zu sagen hat“ (Presse, 10.1.2024) – rückte auch Gusenbauers Rolle als hochentlohnter Präsident des Beirates und zweifacher Aufsichtsratschef bei Signa ins Rampenlicht. Allein für seine Vermittlungstätigkeit beim Erwerb der jetzt zum vierten Mal in die Insolvenz gestürzte und vom deutschen Staat mit 680 Millionen Euro Steuergeld gestützten Galeria Kaufhof durch Signa stellte Gusenbauer sechs Millionen Euro Honorar in Rechnung. Seine „Leistung“ war wohl ein guter Draht zum damaligen Finanzminister (und heutigen Kanzler) Olaf Scholz (SPD).

Wenn Gusenbauer ein so tüchtiger Geschäftsmann ist wie manche seiner Parteifreunde behaupten, fragt sich, ob ihm als Aufsichtsorgan der Dschungel des Signa-Imperiums, die riskante Aufwertung erworbener Immobilien in den Bilanzen zwecks Erhalt neuer Kredite, die Auszahlung von Dividenden und Boni von noch gar nicht erzielten Gewinnen und die verspätete oder gar verweigerte Vorlage von Geschäftsberichten nicht aufgefallen ist: Denn als Aufsichtsratschef trägt Gusenbauer „zwingend Mitverantwortung für die größte Pleite der Zweiten Republik“ (Standard 9.1.2024). Seine Lesart: Er habe „sich nichts zu Schulden“ kommen lassen, für das Debakel seien „äußere Umstände“ maßgeblich (Kurier, 14.1.2024).

Die Passiva der Signa-Gesellschaften haben sich auf 12,97 Milliarden Euro aufgetürmt – und kein Ende der Fahnenstange. Die Renommierprojekte Benkos – Elbtower Hamburg, Chrysler-Tower New York, Lamarr Wien – kommen unter den Hammer. Zu befürchten ist, dass dem Staat (zusätzlich zu Steuerschulden in Millionenhöhe) auch noch Signa-Altlasten aufgenötigt werden, zumal Raiffeisen & Co. durch leichtfertige Kreditvergabe milliardenschwer in den Seilen hängen.

Bei den wichtigsten Investoren – Baulöwe Haselsteiner, Logistik-Unternehmer Kühne und die Schweizer Familie Eugster – brach im Herbst 2023 Panik aus und sie drängten auf Entmachtung Benkos. Der vom Wirtschaftsmagazin „trend“ mehrmals als „Mann des Jahres“ gefeierte Selfmade-Milliardär hatte es geschickt verstanden die Politik für seine Zwecke zu nützen: Neben Gusenbauer und Scholz etwa Ex-Kanzler Sebastian Kurz – der sich in der Causa Kika/Leiner engagierte – oder Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn oder den deutschen Ex-Vizekanzler Joschka Fischer, wie Gusenbauer ebenfalls als Berater aktiv.

Mit seinen Aktivitäten hat Gusenbauer „seine“ Partei in eine veritable Zwickmühle gebracht. Wenn Babler meint, die ÖVP sei „Komplize des Raufüberfalls von René Benko auf den Steuerzahler“ (Presse, 29.12.2023) muss Gusenbauer wohl der Räubergehilfe gewesen sein. Gleiches gilt auch, wenn die SPÖ die Millionengagen von Spitzenmanagern anprangert. Seinen „sozialdemokratischen Kompass“ hat Gusenbauer schon nach seinem Rücktritt als Kanzler und Parteichef verloren.

Daran ändert auch nichts, dass der sich der Sozialdemokratie „auf das Engste verbunden“ (Kurier, 14.1.2024) sehende Gusenbauer trotz seiner „dicken Rechnungen“ und eines „arroganten Habitus“, aber für seine „Weltgewandtheit geschätzt“ (Standard, 10.1.2024) zum sozialdemokratische Adel gezählt wird und für seine „Verdienste“ 2021 von Parteichefin Rendi-Wagner und Ex-Bundespräsident Heinz Fischer mit der Viktor-Adler-Medaille geehrt wurde. Einen Freund hat er zumindest im Linzer Bürgermeister Luger, der Gusenbauer im Herbst 2023 zur SPÖ-Bezirkskonferenz einlud, um über das Thema „Was kommt nach dem Neoliberalismus?“ zu referieren.

Auch im Vergleich mit anderen SPÖ-Wirtschaftsgrößen wie Viktor Klima (VW) oder Brigitte Ederer (Siemens) stinkt er gewaltig ab. Dazu kommt, dass Gusenbauer keine Unvereinbarkeit erkennt und damit die Glaubwürdigkeit seiner Partei untergräbt – und sich damit als Pendant zu Ex-SPD-Chef Gerhard Schröder erweist: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“.

(übernommen von der Homepage des GLB – Autor: Leo Furtlehner)

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